F. Poulenc: Gloria / J. Rutter: Magnificat


Stehende Ovationen für Neue Rheingauer Kantorei
Anspruchsvolle Konzerte aus Anlass des fünfjährigen Bestehens / Förderverein geplant

Rheingau-Echo, 20.12.2007

Geisenheim. (hhs) — Zum fünften Geburtstag beschenkte die Neue Rheingauer Kantorei sich selbst und rund 700 Besucher mit zwei Orchesterkonzerten. Gemeinsam mit der Russischen Kammerphilharmonie St. Petersburg präsentierte der Chor Francis Poulencs "Gloria" und John Rutters "Magnificat" - am Samstag im Rheingauer Dom und am Sonntag in der Schlosskirche von Johannisberg.

Nach dem Konzert gratulierte jeder jedem. Der Dirigent den Orchestermusikern, diese den Mitgliedern des Chors, diesen wiederum die Besucher - und das ganze auch umgekehrt. Es war eine kunterbunte Gratulationscour, die eigentlich nur eines ausdrücken wollte: Große Freude über ein gelungenes Konzert, das zuvor mit stehenden Ovationen belohnt worden war.

Schon als die "Neue Rheingauer Kantorei" nur der Geisenheimer Kirchenchor war, gehörte es zur Praxis von Chorleiter Tassilo Schlenther, zwei große Aufführungen pro Jahr anzubieten - jeweils eine a cappella und eine in Zusammenarbeit mit Orchester. Nach Schlenthers Aufstieg zum Dekanatskantor und der Umwidmung des Chores zur Kantorei hat sich daran nichts geändert - allein die Qualität scheint noch größer geworden zu sein. Mit gut 60 Mitgliedern ist der Chor mittlerweile auch zahlenmäßig so stark, dass er nicht mehr der Unterstützung befreundeter Chöre bedarf.

Das gewachsene Selbstbewusstsein zeigte sich am Wochenende auch in der Auswahl der Werke. Mit Francis Poulencs "Gloria" (uraufgeführt 1961) hatte Schlenther als Auftakt eine sperrige Komposition ausgewählt, gespickt mit Schwierigkeiten und nicht unbedingt dem Geschmack des breiten Publikums entsprechend. Beim Chor habe es eine ganze Weile gedauert, bis sich die Sängerinnen und Sänger für die Komposition erwärmen konnten, war zu hören. Doch zum guten Schluss hatten viele Poulencs anspruchsvolles "Gloria" zu ihrem Favoriten erkoren.

Diese Freude war auch im Konzert zu hören. Mit ihrem Enthusiasmus und vor allem dank einer - nach verhaltenem Einstieg immer besser werdenden - Sopranistin Katia Plaschka und einem Profi-Orchester, das dem Chor klanglichen Raum ließ, konnte die Neue Rheingauer Kantorei für das Gloria schon mehr als nur "Höflichkeitsapplaus" ernten. Herausragend der fünfte Satz, bei dem die fast schon tänzerische Melodie auffallend mit dem Text des "Agnus Dei" kontrastierte.

Rutters populärer Mix
Auch der zweite Teil des Konzertes wurde mit einer Komposition eines zeitgenössischen Komponisten bestritten - normalerweise nicht wirklich ein Genuß für die Ohren. Doch bei John Rutters "Magnificat" (uraufgeführt 1991) war das anders. Rutter ist Jahrgang 1945 und damit ein noch verhältnismäßig junger Komponist. Für solche Autoren ist es besonders schwer, große Kirchenmusik zu schreiben, dann in der Literatur gibt es schon zu viele gute Kompositionen, als daß es immer leicht fiele, seinen eigenen Stil zu finden. Schreiben sie etwas völlig Neues, ist der Verriss beim Publikum oft schon abzusehen; auf viel Resonanz kann man dann kaum hoffen.

John Rutter wählte den "goldenen" Mittelweg. Er nahm in seiner Komposition duetliche Anleihen bei großen Komponisten, vor Leonard Bernsteins "West Side Story" über Alan Menkens "Die Schöne und das Biest" bis hin zu Carl Orffs "Carmina Burana" reichte die Palette der Assoziationen bei den Zuhörern. Dank dieses "melodischen Erfindungsreichtums" traf das "Magnificat" exakt den Geschmack des Publikums, das nach dem letzten Ton seiner Begeisterung mit stehenden Ovationen Luft machte.