F. Mendelssohn: Elias



Die Herausforderung gemeistert
Neue Rheingauer Kantorei gelingt bewegende "Elias"-Premiere in Geisenheim

Wiesbadener Kurier, 06.05.2013

Geisenheim - Von Manuel Wenda

Im Jahr 2012 beging die Neue Rheingauer Kantorei ihr zehnjähriges Bestehen. Um dieses Jubiläum gebührend zu feiern, hat sich das Ensemble einer besonderen Herausforderung gestellt: Gemeinsam mit der Orchestervereinigung Glob'Arte unter der Leitung von Tassilo Schlenther führte es jetzt Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium "Elias" im Rheingauer Dom auf.

Vor dem Konzert genossen zahlreiche Besucher und auch einige Chormitglieder und Musiker noch einen lauen Frühlingsabend auf dem Bischof-Blum-Platz. Thomas Brettner, Vorstandsmitglied der Neuen Rheingauer Kantorei, erzählt, wie die Idee, den "Elias" einzustudieren, heranreifte. Die Sängerinnen und Sänger näherten sich dem Werk einerseits mit großem Enthusiasmus, aber auch mit höchstem Respekt. "Können wir das"? Immer wieder habe diese Frage im Raum gestanden. Sie können. Das stellten sie im Dom unter Beweis.

Eindringlich und druckvoll

Im Mittelpunkt der Handlung des ersten Teils steht die Auseinandersetzung zwischen Polytheismus und Monotheismus. Der alttestamentarische Prophet Elias kämpft darum, die Juden von der Hinwendung zum Baalskult abzubringen; sie sollen Jahwe als den alleinigen Gott anerkennen. Chor und Orchester vermittelten das hochdramatische Geschehen von Beginn an eindringlich und druckvoll. Die Orchestervereinigung Glob'Arte musizierte und Schlenther mit einem klaren und tiefgründigen Klang. Der Bariton Peter Schüler sang mitreißend die zentrale Rolle des Elias, doch auch die übrigen Solisten, die Altistin Bettina Ranch sowie der Tenor Christian Rathgeber begeisterten in Geisenheim.

Ein absoluter Höhepunkt war das den ersten Teil beschließende "Regenwunder", in dem Elias die Aufhebung der Plagen erwirkt. Orchester und Chor vermittelten auf überschwängliche Weise die hereinbrechenden Wasserwogen.

Obschon die Handlung des Stückes bisweilen recht blutrünstig ist und Elias gelegentlich wie ein fanatischer Berserker wirkt, wurde in der Aufführung die kraftvolle Schönheit und der melodische Reichtum der Musik Mendelssohns deutlich. Der alttestamentarische Stoff wird mit dem Geist der Romantik verwoben.

Auch der zweite Teil des Oratoriums, der von Elias' Niederlage und seiner Verzweiflung handelt, fesselte die Zuhörer. Bewegend geriet die von Elisabeth Scholl gesungene Arie "Höre, Israel, höre des Herren Stimme". Die Interpreten machten sich die besondere Akustik des Rheingauer Doms zunutze und gestalteten den Spannungsbogen von der Hoffnungslosigkeit des Propheten bis hin zu seiner Himmelfahrt mit starken und facettenreichen Klangfarben. Am Ende der knapp dreistündigen Darbietung stand tosender Applaus.