A. Dvorak: Stabat Mater
Laien als konzertante Profis
Neue Rheingauer Kantorei führt "Stabat Mater" von Antonin Dvorak auf
Wiesbadener Tagblatt, 23.03.2006
Geisenheim - Von Daniel Honsack
An das überaus dramatisch komponierte "Stabat Mater" von Antonin Dvorak hat sich die Neue Rheingauer Kantorei herangewagt. Unter der Leitung von Tassilo Schlenther gelang den Musikern eine sehr lebendige Interpretation.
Die Neue Rheingauer Kantorei hat in der Vergangenheit mit Aufführungen von Mozarts "Requiem", "Carmina Burana" von Carl Orff und nicht zuletzt mit Händels "Messias" bewiesen, dass die anspruchsvollen Chorwerke nicht nur den Profi-Ensembles vorbehalten sind. Tassilo Schlenther, Kantor der evangelischen Kirche Oestrich-Winkel, ist es eindrucksvoll gelungen, den ehemaligen Kirchenchor aus Geisenheim vor vier Jahren umzustrukturieren und zu einer ausdrucksstarken Chorgemeinschaft zu formen. Neben der regelmäßigen Gestaltung von Gottesdiensten in Geisenheim, Oestrich-Winkel und Rüdesheim gehören umfangreichere Konzerte mit und ohne Orchester zum Programm der Neuen Rheingauer Kantorei.
In dem nun gut gefüllten Rheingauer Dom in Geisenheim ließ sich die Bedeutung des Chores für die Region ablesen. Kaum ein Platz im Kirchenschiff blieb leer. Der auffallend gut gemischte Chor, in dem sich jüngere Gesichter neben erfahrenen Choristen wiederfinden, hatte sich an das überaus dramatisch komponierte "Stabat Mater" von Antonin Dvorak herangewagt.
Die zehn Sätze, die auf ein spätmittelalterliches Gedicht des Franziskanermönches Jacopone da Todi zurückgehen, überraschen in der musikalischen Umsetzung von Dvorak bei jedem neuen Hören wieder durch ihre ungeheure Dichte und Intensität. Wie kaum ein anderes oratorisches Werk weckt dieses "Stabat Mater" in vergleichsweise kompakter Form direkte Emotionen beim Rezipienten.
Gemeinsam mit der Kammerphilharmonie Rhein-Main und ihrem Konzertmeister Holger Pusinelli gelang der Neuen Rheingauer Kantorei eine lebendige Interpretation, die reich an Klangfarben und schöpferischer Zugkraft war. Schlank geführte Einsätze fielen schon zu Beginn im Satz "Stabat mater dolorosa" auf. Der sanfte Einstieg, dem ein effektvolles, nie zu übertriebenes Crescendo folgte, wurde mit der Wiederholung sogar spannungsreicher. Immer wieder gelang es Schlenther und seinen Sängern, die fein verwobenen Strukturen des Werkes zu entschlüsseln und plastisch zu vermitteln.
Sachte wippte der Chor im "Eja, mater, fons amoris" voran, achtete dabei gleichzeitig auf einen getragenen Gesamteindruck. Auch in den Höhen konnte sich der Sopran sicher und souverän behaupten. Sensibel wurde das "Virgo virginum praeclara" umgesetzt.
Mit der Kammerphilharmonie hatte der Chor einen stets zuverlässigen und gestaltungsfreudigen Partner. Unter den Solisten konnte sich vor allem die Mezzosopranistin Elizabeth Neiman hervorheben. Bei recht hell gefärbtem Timbre gelang es ihr etwa im "Inflammatus et accensus" eine warme klangliche Note einzuführen, die sich immer ausgewogen durch ihren Part zog. Als etwas überpräsent erwies sich der kraftvoll aussingende Tenor Fernando del Valle, was gerade im Ensemble für gewisse Ungleichgewichte sorgte. Maacha Deubner (Sopran) übernahm ihre Stellen engagiert, konnte aber in den hohen Lagen eine gewisse Schärfe nicht vermeiden. Bariton Christoph von Weitzel komplettierte das Solo-Quartett mit soliden Einsätzen.